Montag, 18. Januar 2010

Geldausgeben

Bezahlen verschafft mir Übelkeit. Bar, per Karte, egal. Geldausgeben ist für mich ab einer bestimmten Summe – je nach Tagesform 100 Euro oder 10 Euro – eine entsetzliche Qual. Natürlich weiß ich, dass dieses Ritual zum Leben dazu gehört. Zumindest meine linke Gehirnhälfte weiß davon. Die rechte erfreut sich derweil am wachsenden Kontostand und träumt von einem Geldspeicher á la Dagobert Duck, zum drin baden. Das schenkt mir die Illusion von Sicherheit. Dieser Fehler im System macht mir fast unmöglich, worauf sich andere freuen: das Möbelkaufen.

Aber die Zeiten, in denen sich ich mich studentisch gegen 13 Uhr von meiner Matratze auf nacktem Boden gerollt habe, sind einfach vorbei. Sagt mein Rücken. Ein Bett muss her. Und wenn wir schon dabei sind auch ein Schrank. Also ab in das freundliche schwedische Möbelhaus, in dem so schön geduzt wird und das praktischerweise in Sichtweite meines Arbeitsplatzes liegt. Tagsüber also Geld verdienen, um es abends schweren Herzens auszugeben. Nur so kann ich mich überhaupt von dreistelligen Summen trennen. Dachte ich.

In der Bettenabteilung ereilte mich der erste Schweißausbruch. Über 300 Euro für das einzige Bett, das es auch nur in die engere Auswahl geschafft hatte? Der Magen knurrte. Na gut, wer braucht schon eine neue Matratze? Lieber schnell weiter. Bei den Schränken stimmte ein merkwürdiges Gurgeln in das Geknurre ein. Aus der linken Gehirnhälfte orakelte es „SOS, aufgebrochenes Magengeschwür!“, als mich einer von den freundlichen Duzern im gelben Hemd ansprach: „Kann ich dir helfen?“ Fünf Minuten später war der Auftrag für Bett und Schrank gedruckt. Frei nach dem Motto „Augen zu und durch“ habe ich leider keine Ahnung, was genau man mir in wenigen Tagen liefern wird, ich weiß nur: Es wird teuer. Daran erinnert mich die Übelkeit. Aber es muss sein. Daran erinnert mich mein Rücken.

Und weil es gerade so schön und vor allem, weil es vorbei war, gönnte ich mir noch einen Bummel durch das Erdgeschoss. „Warum“, schoss es mir durch den Kopf, „eigentlich nicht noch diese schöne Lampe?“ Kostet ja im Vergleich zur eben erzielten Rechnung nix! „Warum nicht“ hätte mein Vater beantworten können: Weil das Kind nicht einmal als Zwerg in der Lage war, sich zu entscheiden, ob das Taschengeld in Schokolade oder Gummibärchen investiert werden soll – und deshalb sämtliche Beute an der Kasse in die Zigaretten donnerte.

Nur donnert sich so eine Lampe, die man schon ein paar Meter durchs Möbelhaus geschleppt hat, ganz schlecht zwischen die Batterien. Weshalb ich kurz vor der Kasse kehrt macht, peinlich berührt zurück schlurfte und das gute Stück wieder ins Regal stellte. Nicht unbemerkt von einem etwa vierzigjährigen Mann mit zwei gelbe Tüten über den Schultern, der mich hinter den vor der Brust aufgestapelten Kleinigkeiten erspähte. „Eine getroffene Entscheidung auch mal rückgängig machen, das finde ich gut!“ posaunte er in Richtung seiner Frau. „Ich aber nicht!“ wollte ich gerade brüllen, als seine Frau in Tränen ausbrach. Sie hatte sich wohl aufs Geldausgeben gefreut.

1 Kommentar:

  1. Hm, ich könnte dir Nachhilfe anbieten. Ich bin im Geldausgeben gaaaaanz groß. Von einem Geldspeicher wie Dagobert träume ich zwar auch, aber es müsst einer mit Zeitschaltuhr sein, die sich nur einmal im Jahr öffnet. Ansonsten dürfte er nur eine schmale Klappe haben, um Geld reinzukippen. Nur so könnte sich irgendwann genug ansammeln, um darin zu baden.

    LG
    Anita

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