Samstag, 18. September 2010

Abschied


Als ich in der vergangenen Nacht um 4 Uhr in mein Zimmer stolperte, müde, abgekämpft, betrunken, fröhlich und traurig zugleich, hielt ich nach wenigen Schritten mitten im Raum an und dachte: Jetzt ist es also vorbei.

Ein merkwürdiges Gefühl ist das, eins, dass sich eigentlich nicht wirklich beschreiben lässt. Ich habe den Abschied nicht nur kommen sehen, ich habe ihn gewollt, mir eigentlich schon herbeigesehnt, bevor ich überhaupt angefangen habe mit diesem Job. Aber da war es nur eine diffuse Idee, die irgendwie vernünftig klang. TA für immer - was soll das?

Dann wurde der Wunsch, dass es endlichendlichendlich vorbei ist, immer drängender, dringender, weil mich so vieles dort langsam und doch unaufhaltsam kaputter gemacht hat. Die Entscheidung stand also schon allein deshalb fest und war nicht nur ein fernes Ziel. Also hab ich alles vorbereitet, habe sogar eine neue Aufgabe, eine neue Stadt, eine Herausforderung - und trotz all dem weine ich seit gestern Abend häufiger, als ich nicht weine.

Denn Abschied ist ebenso merkwürdig wie dieses Gefühl, dass er auslöst: Er wird schlimmer, je schöner er wird. Das liegt nicht nur an dieser fantastischen Party, die unsere Kollegen für Malte und mich organisiert haben - obwohl sie schöner nicht hätte sein können. Es liegt vor allem daran, dass für all diese Kollegen ganz selbstverständlich war, das zu tun - (mit) uns zu feiern, uns zu beschenken, mit uns traurig und zugleich fröhlich zu sein und uns zu vermissen, während wir noch da sind. Bei allen Flüchen und wüsten Beschimpfungen des letzten Jahres, aller Hoffnungslosigkeit und Verzweiflung: Diese Kollegen meine Kollegen nennen zu dürfen war es wert, den ganzen anderen Dreck über sich ergehen zu lassen. DANKE!

Warum bin ich also weiter traurig, warum ist dieser Abschied so scheiß-schwer? Weil es so viele Menschen hier gibt, die ich nicht missen möchte und doch muss. Warum bin ich dabei trotzdem ganz entsetzlich glücklich, während mir Tränen die Wangen hinunter laufen? Weil es wunderschön ist zu wissen, dass es möglich ist, mit Menschen, mit denen man doch eigentlich "nur" arbeitet, eine solche Bindung aufzubauen. Eine, die auch vollbesoffene Liebesschwüre, peinliche Tanzeinlagen, wirre Monologe und plötzlichen Aufmerksamkeitsschwund aufgrund emotionaler Überforderung verzeiht.

Danke für diesen schönen, schweren Abschied, Freunde!